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Fallbeispiel
NEGATIVE BESTÄTIGUNG
Mit unseren Glaubenssätzen filtern und „verstehen“ wir die Welt um uns herum. Sie automatisieren unser Verhalten und blenden uns, weil wir nicht mehr sehen, was wirklich passiert.
Ausgangssituation
Tatjana beschreibt sich als unsicheren und schüchternen Menschen. Sie fühlt sich von vielen andren Menschen nicht wahrgenommen oder wertgeschätzt. Gleichzeitig sagt sie über sich: „Ich bin ja auch nicht liebenswert!“
Eines Tages kommt sie im Coaching auf ihren Arbeitskollegen Marcel zu sprechen, den sie „sympathisch“ findet.
Sie findet es schade, dass er sich in ihrer Nähe nicht wohl fühlt. Sobald sich beide im Gang oder in der Kantine treffen, wirkt es so, als wäre er auf dem Sprung. Seine Hände fahren nervös durch sein Haar, er wendet viel den Kopf ab und schaut sich um. Gelangweilt. Es ist, als würde er am liebsten abhauen.
„Bleibt er denn stehen, wenn ihr euch im Gang begegnet?“ – „Schon.“
„Hat er denn „gute“ Ausreden, warum er weitergehen muss?“ – „Er muss selten weitergehen.“
„Wendet er nur den Kopf oder sieht er dich auch an?“ – „Er schaut mich auch an!“
„Welche Augenfarbe hat er?“ – „Blau!“
„Was siehst du in seinen Augen?“ – „Manchmal leuchten sie ein bisschen!“
„Wie verläuft das Gespräch? Redet ihr gleich viel oder redet einer mehr?“ – „Er redet eindeutig mehr!“
„Redet ihr nur über Berufliches oder auch Privates?“ – „Auch Privates!“
„Und dabei fährt er sich ständig mit den Händen durch die Haare?“ – „Manchmal kratzt er sich auch im Gesicht!“
„Lacht er?“ – „Viel!“
„Und du?“ – „Ich auch. Ich bin total verlegen!“
„Kratzt du dich dann im Gesicht?“ – „Nee, ich kratze mich viel an meinen Händen!“
„Und dein Kopf?! Schaust du dich manchmal um?“ – „Die ganze Zeit schaue ich mich um. Irgendwie will ich nicht, dass man uns sieht und denkt … „
„… dass du Marcel sehr magst und er dich auch?“
Tatjana schlägt die Augen nieder und lächelt: „Ja!“
Verhalten
Ihr Glaubenssatz, dass sie nicht liebenswert ist, hat es ihr unmöglich gemacht zu sehen, was tatsächlich passiert. Sie hat Marcels Verhalten sofort so interpretiert, dass sich ihr Glaubenssatz „Ich bin nicht liebenswert“ einmal mehr bewahrheitet.
Ergebnisse
So bauen wir uns unsere eigene Welt. Wir glauben, „Tatsachen“ zu beurteilen, und merken gar nicht, wie unsere Urteile zu Tatsachen werden.